Aufklärung
Ein wesentlicher Aspekt im Umgang mit traumatischen Erlebnissen ist der Sachverhalt, dass jegliche Symptomatik, die der Organismus im Anschluss an eine Belastungssituation entwickelt, zunächst einen Selbstheilungsversuch darstellt.
Ihre Aufgabe ist es nun diesen Selbstheilungsversuch zumindest nicht zu stören! Daher wollen wir nicht die Symptome bekämpfen, sondern Ihre Selbstheilung fördern. Wenn Sie dieses Ziel erreicht haben, dann können Sie darüber nachdenken, was als nächstes zu tun sein wird.
- Wiederherstellung der Orientierung:
Es ist zunächst wichtig zu verstehen, welche Funktion einzelne Symptome haben. Sie werden merken, dass sie eigentlich, bezogen auf das Erlebte vollkommen normal reagieren. Sie sind allerdings in eine für Sie außergewöhnlich und daher verrückte Situation geraten.
- Der Wiedergewinn der Kontrolle über Psyche und Körper.
Um nicht ständig den belastenden Erinnerungen ausgesetzt zu sein, ist es von großer Bedeutung die überflutenden und belastenden Erinnerungen (Intrusionen) zeitweise unterbrechen zu können.
Dies leisten die so genannten Distanzierungsübungen.
- Verarbeiten und Erregungsabbau
Vermeiden ist nicht verarbeiten. Das Trauma ist als eine unterbrochene Handlung zu verstehen. In der traumatischen Situation ist der Mensch einer Lebensbedrohung ausgesetzt gewesen.
Diese provoziert 2 Handlungsschemata:
- Das Fluchtschema
- Das Kampfschema
Beides stellt eine Bereitstellungsreaktion höchsten Ausmaßes dar:
Der Organismus wird von 0 auf 100 in Bruchteilen von Sekunden vorbereitet, um höchsten körperlichen Belastungen zu widerstehen.
Beides war in der traumatischen Situation nicht möglich. In der traumatischen Situation kam es zur Erstarrung (Totstellreflex).
Die Handlung, welche unterbrochen wurde, ist eine Flucht- bzw. Kampfhandlung.
Der Organismus ist nun fortlaufend bestrebt, diese unterbrochene Handlung bei Konfrontation mit Reizen, die ihn an die traumatische Situation erinnern, wieder aufzunehmen.
Wenn Sie über die o.g. Distanzierungsübungen zunächst die Kontrolle über Ihren Körper wieder erlangt haben, und die belastenden Erinnerungen zeitweise unterbrechen können, dann sind sie in der Lage sich schrittweise Reizen auszusetzen, die Sie an die erlebte Situation erinnern, aber nicht gefährlich sind.
Lernen Sie Ihre Empfindungen ungeordnet aufzuschreiben (Traumatagebuch), sprechen Sie mit Menschen über Ihre Erfahrungen und tun Sie wieder schrittweise Dinge vor denen Sie sich bisher gefürchtet haben. Sollten die Erinnerungen zu stark werden, wenden Sie anschließend die Distanzierungstechniken an.
Ängste bauen sich i.d. Regel ab, wenn Sie sich über längere Zeit den Dingen aussetzen, die sie bisher gemieden haben. Dies ist aber erst möglich, wenn Sie o.g. Distanzierungstechniken beherrschen, um im Anschluss möglichen belastenden Erinnerungen begegnen zu können.
Insgesamt sind die Intrusionen (belastende Erinnerungen, Wiedererleben), sehr intensiv. Sollten Sie bei Konfrontation zu stark im Erleben stecken bleiben, dann bewegen Sie sich aus der Situation wieder heraus. Machen Sie eine Pause und versuchen Sie es später ggf. erneut. Hören Sie auf Ihre Intuition und machen Sie sich bewusst, dass die Gefahr vorüber ist. Wenden Sie in der Situation die Übung 5-4-3-2-1 oder das Atemzählen an. Über den Mechanismus der Habituation (Gewöhnung) passt sich ihr Organismus irgendwann der Situation an.
Warnung: Das darf auf keinen Fall zu früh passieren, da die Gefahr einer Retraumatisierung besteht. Das Ganze funktioniert nicht, wenn Sie eine frühkindliche Traumatisierung mit einer aktuellen traumatischen Situation verbunden haben.
Über körperliche Bewegungen wie Laufen, spazieren gehen und Sandsacktraining können Sie körperliche Übererregungszustände abbauen.
Anmerkung: Sollten sich die Symptome verschlimmern und innerhalb von 4 Wochen nicht abklingen, brechen Sie bitte die Konfrontation ab und suchen Sie bitte fachliche Hilfe auf.